Von Daniel Weinmann
Die Beiträge zur Sozialversicherung steigen hierzulande so verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk. Die von der früheren Kanzlerin Angela Merkel versprochene „Sozialgarantie“, wonach nicht mehr als 40 Prozent des Bruttoeinkommens in die Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung fließen sollten, ist längst Makulatur. Schon jetzt liegen die Abgaben für Krankenversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung bei einem Durchschnittsverdiener bei 40,8 Prozent des Bruttoeinkommens – wovon der Arbeitgeber die Hälfte schultert. Bei Kinderlosen liegt die Quote im Schnitt gar bei 41,4 Prozent.
Die lange gehegte Sorge, dass Deutschland bei weiter steigenden Sozialabgaben an Wettbewerbsfähigkeit verliert, Unternehmen ins Ausland abwandern und Arbeitnehmer rebellieren, ist Wirklichkeit geworden – zumindest, was die beiden ersten Punkte betrifft.
Wie die arbeitsfähige Bevölkerung reagieren könnte, zeigt eine neue Sozialstaatsstudie, die Ökonomen für die Verbände „Die Familienunternehmer“ und „Die jungen Unternehmer“ erarbeitet haben. Der Tenor: Ohne Reformen in der Rentenversicherung, der Pflege- und der gesetzlichen Krankenversicherung droht der Gesamtbeitragssatz von jetzt 40,9 auf über 50 Prozent im Jahr 2050 anzusteigen. Schon in den kommenden sechs Jahren sei mit einem Anstieg auf 44,5 Prozent zu rechnen.
Schwarzarbeit oder Auswanderung
Wegen der kontinuierlich steigenden Abgabenlast werde es jedoch schon vor diesem Datum zu einem „Kipppunkt“ kommen, bei dem die junge Generation den Generationenvertrag einseitig aufkündigen und sich entweder in Schwarzarbeit oder Auswanderung flüchten wird, warnen die Ökonomen. Zugleich entstünde ein wahrer Teufelskreis: Denn je weniger Beitragszahler es gibt, desto mehr müssen die verbleibenden Zahler aufbringen. Dies könnte nach Ansicht der Autoren das gesamte Sozialsystem ins Wanken bringen.
„Die nächste Legislaturperiode ist für solche Reformen entscheidend, denn ist der Kipppunkt erst erreicht, gerät das gesamte System der Sozialen Marktwirtschaft ins Wanken“, warnen die Studienautoren Christian Hagist von der Privatuniversität WHU in Vallendar und Stefan Fetzer, Professor für Public Health an der Hochschule Aalen.
Konkret schlagen die Ökonomen nicht zuletzt eine neue Praxisgebühr für Patienten und wettbewerbliche Versorgungsmodelle ohne freie Arztwahl vor. Auch ein verstärkter Wettbewerb zwischen den Kassen und zwischen den Leistungserbringern könnte zu einer Kostensenkung beitragen. Zudem müsse der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel stärker wirken zu lassen. Gäbe es mehr Rentner und weniger Beitragszahler, würde auf diese Weise der jährliche Anstieg der Renten stärker abgeschwächt, als bislang avisiert.
Nach dem 27. Mai 1980 Geborene gelten als Sozialstaatsverlierer
Sozialminister Hubertus Heil zielt derweil genau auf das Gegenteil ab: Die von ihm ins Leben gerufene „Renten-Haltelinie“ würde diesen Faktor faktisch konterkarieren. Überhaupt führt die Ampelkoalition das Erbe ihrer Vorgängerregierungen fort. Die Sozialleistungsquote, also der Anteil des Sozialstaates am Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik, hat sich seit den sechziger Jahren beinahe verdoppelt und beträgt heute über 30 Prozent. Klar ist: Steuert die Politik nicht gegen, wird der Anteil weiter wachsen.
Vor fast genau einem Jahr zeigte eine im Auftrag des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) erstellte Studie, dass der durchschnittliche deutsche Bürger pro Jahr einen Monat arbeitet, um Sozialleistungen zu finanzieren, für die keine vorangegangenen Beitragszahlungen geleistet wurden.
Die unter Federführung des Freiburger Forschungszentrums Generationenverträge entstandene Arbeit offenbarte zudem, dass diejenigen, die nach dem 27. Mai 1980 geboren wurden, als Sozialstaatsverlierer gelten – während früher geborene Generationen von den Sozialleistungen profitieren.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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